Nicht teilnehmende Beobachtung – Ein Überblick

29.10.22 Beobachtung Lesedauer: 6min

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Nicht-teilnehmende-Beobachtung-Definition

Wenn sich die Forschungsfrage deiner wissenschaftlichen Arbeit mit dem Verhalten von Menschen oder Menschengruppen in einer bestimmten Situation befasst, kann eine Beobachtung eine sinnvolle Forschungsmethode darstellen. Dabei kannst du eine hohe Objektivität und Natürlichkeit gewährleisten, indem du dich für eine nicht teilnehmende Beobachtung entscheidest. Wir erklären dir alles, was du dazu wissen musst.

Nicht teilnehmende Beobachtung „einfach erklärt“

Die nicht teilnehmende Beobachtung ist eine Beobachtungsform, bei der der Beobachter nicht an der zu beobachtenden Situation beteiligt ist. Dadurch entsteht eine distanzierte und objektive Perspektive.

Definition: Nicht teilnehmende Beobachtung

Bei der Beobachtung handelt sich um eine Methode aus der empirischen Forschung, in der zumeist Menschen in einer natürlichen Umgebung beobachtet werden, manchmal aber auch Tiere oder bestimmte Ereignisse. Beobachter arbeiten bei der Analyse ihres Forschungsmaterials das Verhalten von Menschen und dessen Bedeutung heraus. Dadurch können komplexe Zusammenhänge verstanden und auf dieser Basis womöglich aktuelle Zustände optimiert werden.

In der Methodik unterscheidet man die teilnehmende und die nicht teilnehmende Beobachtung. Die nicht teilnehmende Beobachtung definiert sich in erster Linie durch die Distanz des Forschenden: Er interagiert nicht mit den Testpersonen, sondern beobachtet sie nur als Außenstehender. So sind Befragungen oder anderweitige Kontakte für eine nicht teilnehmende Beobachtung tabu. In vielen Fällen sind die Beobachter nicht einmal in der Situation anwesend, sondern greifen auf Video- und Audioaufnahmen zurück.

Oftmals entscheiden sich Forschende für eine nicht teilnehmende Beobachtung, weil sie annehmen, dass ein aktives Eingreifen in die Situation das Verhalten der beobachteten Personen verändern könnte. Zusätzlich ist es möglich, dass die Objektivität der Forschenden leidet, wenn sie zu stark in die beobachtete Situation involviert sind.1

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Beispiel für eine nicht teilnehmende Beobachtung

Im Folgenden haben eine beispielhafte nicht teilnehmende Beobachtung mit der dazugehörigen Forschungsfrage für dich bereitgestellt.

Forschungsfrage:
Wie unterscheidet sich das Diskussionsverhalten von Menschen verschiedener Altersgruppen?

Beobachtung:
Eine altersgemischte Gruppe von Menschen wird bei einer Diskussion zu einem vorgegebenen Thema beobachtet. Ihr Verhalten, wie beispielsweise Wortmeldungen und gegenseitige Unterbrechungen, wird analysiert, interpretiert und/oder statistisch ausgewertet.

Nicht teilnehmende Beobachtung: Vor- und Nachteile

Die nicht teilnehmende Beobachtung hat zahlreiche Vorteile. Wie bei jeder anderen Forschungsmethode existieren allerdings auch Nachteile bei der nicht teilnehmenden Beobachtung:

Vorteile Nachteile
distanzierte, objektive Perspektive Beobachtungssituation beeinflusst Verhalten
Möglichkeit, ein ausführliches Protokoll zu führen datenschutzrechtliche Probleme
Entdeckung unerwarteter Erkenntnisse nicht gewährleistete Repräsentativität
Beobachtung wiederkehrender Ereignisse/Phänomene hoher Zeitaufwand

Planung der nicht teilnehmenden Beobachtung

Indem du dich für eine nicht teilnehmende Beobachtung entscheidest, hast du bereits die wichtigste Frage geklärt – die nach der Beobachterposition. Zur genaueren Bestimmung der Rahmenbedingungen für deine Forschung stehen dir jedoch noch zahlreiche weitere Optionen offen. So musst du beispielsweise zwischen einer offenen oder einer verdeckten, einer systematischen oder unsystematischen oder qualitativen oder quantitativen Beobachtung entscheiden. Zusätzlich musst du deine nicht teilnehmende Beobachtung vorbereiten und ein Protokoll anlegen.

Nicht teilnehmende Beobachtung-Ablauf

Offene Beobachtung

Entscheide dich zunächst für eine offene oder eine verdeckte Beobachtungssituation. Bei der offenen Beobachtung ist den Testpersonen klar, dass sie beobachtet werden, da du beispielsweise im selben Raum sitzt, während eine Diskussionsrunde durchgeführt wird. Somit musst du dir keine Gedanken um moralische Probleme machen. Es ist jedoch möglich, dass die Beobachteten sich aufgrund der außergewöhnlichen Situation anders verhalten als im Normalfall.

Systematische Beobachtung

Bestimmst du bereits im Vorfeld Kriterien, an denen du dich während deiner Beobachtung orientieren wirst, dann handelt es sich um eine systematische Beobachtung. Hierbei erstellst du im Voraus einen Leitfaden aus Kategorien und Merkmalen, auf die du dich bei deiner Beobachtung konzentrieren wirst. Die systematische Beobachtung gewährleistet den Fokus auf die relevanten Erkenntnisse. Die Daten sind dann einheitlicher, zielgerichteter und einfacher auszuwerten.

Qualitative Beobachtung

Die qualitative Beobachtung untersucht einen Einzelfall und interpretiert diesen im Anschluss, um Hypothesen zur Beantwortung der Forschungsfrage aufstellen zu können. Die Resultate lassen sich jedoch nicht auf die Allgemeinheit anwenden und sind somit nicht repräsentativ.

Verdeckte Beobachtung

Die verdeckte Beobachtung räumt das Risiko eines unnatürlichen Verhaltens aus, da den Testpersonen nicht bekannt ist, dass es einen Beobachter gibt. Bei einer solchen Beobachtung kannst du zum Beispiel auf Videomaterial aus einem Geschäft zurückgreifen, um das Kaufverhalten von Personen zu analysieren. Bei dieser Variante müssen aufgrund des fehlenden Einverständnisses jedoch datenschutzrechtliche und ethische Fragen geklärt werden.

Unsystematische Beobachtung

Bei einer unsystematischen Beobachtung, auch als unstrukturierte Beobachtung bezeichnet, gibt es nur grobe Richtlinien. Du lässt dir selbst viel Freiraum bei der Erhebung der Daten und schreibst beispielsweise spontan auf, was dir an der beobachteten Diskussionsrunde auffällt. So kannst du auch unerwartete Ereignisse erfassen und dir geht nichts verloren, nur weil es nicht vorhersehbar war. Jedoch ist die unsystematische Beobachtung auch deutlich schwieriger auszuwerten.

Quantitative Beobachtung

Quantitative Beobachtungen setzen nicht auf Interpretationen, sondern auf die statistische Auswertung großer Datenmengen. Dadurch entstehen repräsentative Ergebnisse, die später mit anderen Forschungsresultaten verglichen werden können.

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Die nicht teilnehmende Beobachtung vorbereiten

Der erste Schritt der Vorbereitung ist selbstverständlich das Festlegen eines Ziels für die nicht teilnehmende Beobachtung. Darauf aufbauend kannst du die Rahmenbedingungen für deine Forschung so anpassen, dass du die von dir gewünschten Merkmale bestmöglich beobachten kannst.

Das bedeutet unter anderem, die Beobachtung so zu gestalten, dass du so wenig Einfluss wie möglich auf die beobachteten Personen hast. Dazu empfiehlt sich beispielsweise das Zuschauen über einen Monitor im Nebenraum oder die Aufnahme von Videomaterial, das erst später gesichtet wird. Dies macht besonders viel Sinn, da später immer wieder zu wichtigen Stellen zurückgespult werden kann. Möglicherweise fallen dir bestimmte Dinge erst durch das mehrmalige Ansehen auf.

Beobachtest du besonders viele Personen zur selben Zeit, kann es Sinn machen, mehrere Kameras zu platzieren. Beachte zudem, dass deine Forschungsergebnisse repräsentativer werden, je häufiger und länger die nicht teilnehmende Beobachtung stattfindet und je mehr Personen beobachtet werden.

Beobachtungsprotokoll anlegen und auswerten

Auch für die nicht teilnehmende Beobachtung muss ein Beobachtungsprotokoll angelegt werden. In diesem dokumentierst du alle wichtigen Ereignisse und Auffälligkeiten, die während der Beobachtung aufgetreten sind. Je nach Situation kann es dazu auch notwendig sein, Audio- oder Videomaterial wie beispielsweise Gespräche zu transkribieren. Im Anschluss wird das Beobachtungsprotokoll kodiert und ausgewertet. Die beobachteten Personen werden unter Heranziehung verschiedener Kriterien und Merkmale verglichen, Ähnlichkeiten und Unterschiede werden herausgearbeitet und interpretiert.

Beispiel: Auszug aus einem Beobachtungsprotokoll

Beobachtungstag: Freitag, 01.07.2022
Beginn der Beobachtung: 10.00 Uhr
Ende der Beobachtung: 11.00 Uhr
Anzahl der beobachteten Personen: 9

Altersgruppe – Wortmeldungen
18-35 Jahre ⇒ 8
36-50 Jahre ⇒ 9
51-70 Jahre ⇒ 6

Auswertung:
Die Auswertung des Beobachtungsprotokolls hat gezeigt, dass Menschen im Alter von 36 bis 50 Jahren sich am häufigsten zu Wort melden. Das lässt darauf schließen, dass Menschen aus dieser Altersgruppe sich am sichersten mit ihren Meinungen fühlen.

Häufig gestellte Fragen

Die nicht teilnehmende Beobachtung ist eine Forschungsmethode, die sich durch die Distanz des Forschenden auszeichnet. Dieser fungiert nur als außenstehender Beobachter, statt aktiv in die Situation einzugreifen.

Forschende beobachten eine bestimmte natürliche oder künstliche Situation von außen. Mithilfe eines Beobachtungsprotokolls werden die Resultate erfasst und ausgewertet.

Durch die Distanz des Forschenden zu den Testpersonen stellt die nicht teilnehmende Beobachtung sowohl ein möglichst natürliches Verhalten der Probanden als auch die Objektivität des Forschenden sicher.

Bekannt ist die nicht teilnehmende Beobachtung vorrangig aus den Sozialwissenschaften. Sie eignet sich besonders für die Untersuchung von Einzelpersonen oder kleinen Gruppen.

Die nicht teilnehmende Beobachtung findet ihre Grenzen zumeist im Datenschutz, wenn der Zugang zu bestimmten Bereichen rechtlich oder ethisch nicht gewährleistet werden kann.

Quellen

¹ Marktforschung.de: Nicht-teilnehmende Beobachtung, in: Marktforschung.de, o. D., [online] https://www.marktforschung.de/wiki-lexikon/marktforschung/Nicht-teilnehmende%20Beobachtung/ (abgerufen am 25.10.2022)