
Die Lithografie zählt zu den einflussreichsten Druckverfahren der Neuzeit und prägte über zwei Jahrhunderte sowohl die Kunst- als auch die Druckgeschichte. Sie ermöglichte erstmals detailreiche und zugleich kostengünstige Vervielfältigungen von Bildern, Texten und Plakaten, was ihr schnell weltweite Bedeutung verschaffte. Heute wird sie vor allem als künstlerisches Ausdrucksmittel geschätzt und gepflegt.
Definition: Lithografie
Lithografie (aus dem Griechischen lithos „Stein“) ist ein Flachdruckverfahren, das auf dem Prinzip beruht, dass Fett und Wasser sich abstoßen:
Das Druckmotiv wird mit einer lipophilen Substanz auf eine Kalksteinplatte übertragen. Danach wird die Steinplatte mit Wasser angefeuchtet. Das Wasser zieht in die Poren des Steins ein, jedoch nicht an den durch das Druckmotiv versiegelten Stellen. Die danach aufgetragene fetthaltige Druckfarbe wird vom Wasserfilm abgestoßen und von der lipophilen Substanz des Druckmotivs aufgenommen, wodurch das Druckmotiv entsteht. Der Lithografiestein (Steinplatte mit Druckmotiv) wird dann auf Papier oder Karton gepresst, um das Druckmotiv zu übertragen.
Mithilfe der Lithografie können so detailreiche und vielfach reproduzierbare Drucke hergestellt werden.
Die Lithografie gehört zu den klassischen Flachdruckverfahren und basiert auf dem einfachen, aber wirkungsvollen physikalisch-chemischen Prinzip, dass Wasser und Fett einander abstoßen. Während andere Drucktechniken wie Hochdruck oder Tiefdruck mit erhabenen oder vertieften Druckformen arbeiten, nutzt die Lithografie eine flache Oberfläche, auf der Bild- und Nichtbildstellen chemisch unterschiedlich präpariert werden. Dadurch lassen sich sowohl feinste Zeichnungen als auch flächige Gestaltungen detailgetreu auf Papier übertragen.
Einsatzgebiete der Lithografie
Die Lithografie diente im 19. und frühen 20. Jahrhundert als vielseitiges Reproduktionsverfahren: Sie wurde für Plakate, Illustrationen, Landkarten, Notenblätter, Verpackungen und Werbegrafiken eingesetzt. Gleichzeitig nutzten viele Künstler das Verfahren, da es Zeichnungen detailgetreu und in Auflage wiedergab. Etwa bei Werken von Daumier, Toulouse-Lautrec oder Picasso.
Heute spielt die klassische Lithografie vor allem in der bildenden Kunst eine Rolle, während ihre Weiterentwicklungen, insbesondere der Offsetdruck und die Fotolithografie in der Halbleitertechnik, die industrielle und technologische Anwendung dominieren.
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Historischer Hintergrund
Die Lithografie wurde Ende des 18. Jahrhunderts von Alois Senefelder in München entwickelt. Ursprünglich suchte er nach einer preiswerten Möglichkeit, seine Theaterstücke zu vervielfältigen, und entdeckte dabei die Druckeigenschaften von Solnhofener Kalkstein. 1796–1798 erprobte er erste Verfahren, 1818 veröffentlichte er sein umfassendes „Lehrbuch der Steindruckerey“, das die Technik europaweit bekannt machte.
Im 19. Jahrhundert gewann die Lithografie schnell an Bedeutung, da sie sowohl eine hohe Detailtreue als auch eine vergleichsweise günstige Reproduktion erlaubte. Besonders die Chromolithografie, 1837 von Godefroy Engelmann entwickelt, eröffnete die Möglichkeit, farbige Drucke in großer Zahl herzustellen, was einen Meilenstein für Werbung, Plakate, Verpackungen und Illustrationen darstellt.
Entwicklungsschritte im Überblick:
- 1796–1798: Erste Versuche Senefelders mit Steinplatten.
- 1818: Veröffentlichung des Lehrbuchs und rasche Verbreitung in Europa.
- 1837: Einführung der Chromolithografie durch Engelmann.
- 19. Jh.: Massenhafte Nutzung für Plakate, Landkarten, Illustrationen, Notenblätter.
- 20. Jh.: Künstler wie Toulouse-Lautrec, Matisse, Kollwitz und Picasso prägen die Technik.
- ab 1950er-Jahre: Industrieller Rückgang durch den Offsetdruck, Verbleib im künstlerischen Bereich.
Damit markiert die Lithografie einen entscheidenden Wendepunkt in der Druckgeschichte: Sie schuf den Übergang von handwerklich aufwendigen Gravurtechniken zu einem flexiblen, schnellen Verfahren, das sowohl für die Kunst als auch für den Alltag eine enorme Verbreitung fand.
Materialien und Werkzeuge
Damit eine Lithografie gelingt, braucht es mehr als künstlerisches Geschick. Entscheidend sind die richtigen Materialien. Im Zentrum steht der Lithografiestein, ein extrem feinkörniger Kalkstein aus Solnhofen in Bayern. Seine homogene Struktur sorgt dafür, dass feinste Striche, Schraffuren und Tonabstufungen exakt wiedergegeben werden können. Kein anderes Material erwies sich als so zuverlässig, weshalb dieser Stein jahrhundertelang die Basis der Technik blieb. Neben dem Solnhofener Plattenkalk werden für Lithografietseine auch Kalksteine aus Solothurn (Schweiz) und Dijon (Frankreich) herangezogen, jedoch ist der Solnhofener Plattenkalk das am besten geeignete Material für das lithografische Druckverfahren.
Zur Gestaltung greift man zu fettigen Zeichenmitteln, die die wasserabweisenden Bildpartien definieren. Je nach gewünschter Wirkung kommen weiche oder harte Lithokreiden zum Einsatz, ergänzt durch flüssige Tuschen, die mit Feder oder Pinsel aufgetragen werden. So lassen sich sowohl feine Linien als auch malerische Flächen umsetzen. Korrekturen können mit Schabern oder Schleifsteinen vorgenommen werden.
| Materialien | Funktion | |
| Stein | Solnhofener Kalkstein, plan geschliffen | Träger für die Zeichnung |
| Zeichenmittel | Lithokreiden, Lithotuschen, Feder, Pinsel | Bildgestaltung |
| Chemikalien | Gummi arabicum, Salpetersäure | Ätzung und Fixierung |
| Druckfarben | Ölfarben, Harzfarben | Übertragung aufs Papier |
Weitere Hilfsmittel und Werkzeuge
- Schaber & Schleifstein: zum Retuschieren oder Entfernen von Bildstellen
- Zeichentisch / Lithografiepult: stabil und oft neigbar, um bequem arbeiten zu können
- Handpresse oder Lithopresse: sorgt für den gleichmäßigen Kontakt von Papier und Stein
Als entscheidender Faktor für die Lithografie gilt der gewählte Stein. Das Druckverfahren kann nur mit bestimmten Steinarten durchgeführt werden, die über spezielle Eigenschaften (z. B. Dichte) verfügen.
Ablauf
Die Durchführung der Lithografie folgt einem festgelegten Ablauf, bei dem jede Etappe entscheidend für das Endergebnis ist. Charakteristisch ist das Zusammenspiel von Zeichnung, chemischer Präparation und dem eigentlichen Druckvorgang.
Schritt 1: Vorbereiten des Steins
Der Lithografiestein wird zunächst plan geschliffen, damit keine Unebenheiten die Druckqualität beeinträchtigen. Danach erfolgt die chemische Präparation:
- Behandlung mit Gummi arabicum, Salpetersäure und Wasser
Ziel: Die nicht gezeichneten Flächen wasseranziehend und damit farbabweisend machen.
Schritt 2: Zeichnen des Motivs
Nun wird das Bild direkt auf die Steinoberfläche aufgebracht:
- Mit Lithokreide oder Tusche entstehen Linien, Schraffuren oder Flächen.
- Je nach Werkzeug, Kreide, Feder oder Pinsel, lassen sich feine Konturen oder malerische Effekte erzielen.
- Fehlerkorrekturen sind durch Schaber und Schleifstein möglich.
Schritt 3: Fixieren und Ätzen
Damit die Zeichnung dauerhaft hält, wird der Stein erneut behandelt:
- Das Fett der Zeichnung verbindet sich mit der Steinoberfläche.
- Die restlichen Partien werden hydrophil (wasserfreundlich) präpariert.
- So entsteht folgende Oberfläche: fettfreundliche Bildstellen vs. wasserfreundliche Nichtbildstellen.
Schritt 4: Einfärben
Beim Druckvorgang wird die Steinplatte abwechselnd mit Wasser und Druckfarbe behandelt:
- Die hydrophilen Flächen (unbedruckt) nehmen Wasser auf und stoßen die Druckfarbe ab.
- Die lipophilen Flächen (bedruckt) nehmen die Druckfarbe auf und stoßen Wasser ab.
Schritt 5: Drucken
Das vorbereitete Papier wird auf den eingefärbten Stein gelegt und mit einer Lithopresse unter Druck gesetzt:
- Handpressen für kleine Auflagen
- Schnellpressen für große Stückzahlen
Schritt 6: Mehrfarbige Lithografie (optional)
Für Chromolithografien wird dieser Prozess mehrfach wiederholt:
- Jeder Lithografiestein kann nur eine Farbe übertragen.
- Präzises Passregister notwendig, um die Farben exakt übereinander zu drucken
Lithografische Techniken
Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Arbeitsweisen innerhalb der Lithografie entwickelt. Sie unterscheiden sich vor allem durch die Wahl der Zeichenmittel und Bearbeitungstechniken des Steins. Jede Methode erzeugt eigene Ausdrucksqualitäten. Von feinen Linien bis zu malerischen Flächen.
Feder- und Kreidelithografie
- Federlithografie: Mit lithografischer Tusche und einer Zeichenfeder entstehen präzise, klare Linien. Sie eignet sich für Illustrationen, Notenblätter oder Schriftzüge.
- Kreidelithografie: Verwendung spezieller Lithokreiden in verschiedenen Härtegraden. Weiche Kreiden ergeben dunkle, satte Flächen, harte Kreiden feine Linien. Diese Technik kommt dem Zeichnen mit Kohle oder Bleistift nahe.
Beispiel: Künstler wie Honoré Daumier nutzten die Kreidelithografie für Karikaturen und Bildfolgen.
Steingravur
Bei der Steingravur wird nicht gezeichnet, sondern die Oberfläche mechanisch bearbeitet:
- Mit einer Graviernadel werden feine Linien in den Stein geritzt.
- Anschließend erfolgt eine chemische Behandlung, die die Gravuren als Bildstellen sichtbar macht.
Diese Technik wurde vor allem für Sicherheitsdrucke wie Wertpapiere oder Briefmarken verwendet, da sie schwer zu fälschen war.
Halbtonverfahren
Halbtonverfahren wurden entwickelt, um Tonwerte, Schattierungen oder feine Übergänge darzustellen:
| Technik | Vorgehensweise | Wirkung |
| Federpunktier- manier |
Manuelles Setzen von feinen Punkten mit Feder und Tusche |
Gleichmäßige Halbtöne Schattierungen |
| Tusch- oder Spritzmanier |
Aufspritzen von Tusche durch Streifen einer tuschgetränkten Bürste über Sieb |
Weiche, körnige Strukturen Weiche Farbverläufe |
| Schabmanier | Bild wird in asphaltbeschichteten Stein geschabt und somit aufgehellt |
Weiche, malerische Übergänge Starke Kontraste |
| Tuschlavierung | Flächiges Auftragen stark verdünnter Tusche für durchscheinende Farbflächen |
Aquarellähnlicher Eindruck Durchscheinende Farbflächen |
Farblithografie (Chromolithografie)
Die Chromolithografie war die Weiterentwicklung der Lithografie und ermöglichte das farbige lithografische Druckverfahren:
- Für jede Farbe wird ein eigener Stein präpariert.
- Beim Druck müssen die einzelnen Farben exakt übereinanderliegen (Passer).
- Diese Technik revolutionierte die Druckgrafik des 19. Jahrhunderts, da erstmals farbige Plakate, Sammelbilder und Verpackungen in Massenproduktion hergestellt werden konnten.
Beispiel: Die Pariser Plakate von Henri de Toulouse-Lautrec sind klassische Werke der Farblithografie.
Experimentelle und moderne Varianten
Künstler des 20. Jahrhunderts kombinierten die klassischen Methoden oft mit anderen Verfahren:
- Überlagerung von Kreide- und Tuschezeichnungen
- Einsatz von Schablonen
- Kombination mit fotografischen Verfahren (Fotolithografie)
So blieb die Lithografie bis heute ein lebendiges Experimentierfeld in der Kunst.
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Weitere Formen der Lithografie
Die Fotolithografie schlug die Brücke von der klassischen Zeichnungstechnik zur fotografischen Bildreproduktion, während der Offsetdruck das lithografische Prinzip in die industrielle Massenproduktion überführte. Eine Entwicklung, die bis heute die Grundlage des modernen Druckwesens bildet.
Fotolithografie
Mit der Entwicklung der Fotografie im 19. Jahrhundert entstand der Wunsch, fotografische Bilder direkt in die Lithografie zu übertragen. Daraus entwickelte sich die Fotolithografie:
- Fotografische Negative wurden auf eine lichtempfindlich präparierte Steinplatte gelegt.
- Durch Belichtung und chemische Entwicklung übertrug sich das Motiv auf die Druckfläche.
- Dadurch konnten erstmals detailgetreue Reproduktionen und realistische Bildwiedergaben von Fotografien oder feinen Zeichnungen massenhaft hergestellt werden.
Im 20. Jahrhundert gewann der Begriff Fotolithografie zudem eine zweite, technisch hochspezialisierte Bedeutung: In der Halbleitertechnik bezeichnet er das Verfahren, bei dem mittels Belichtung feinste Strukturen auf Siliziumscheiben übertragen werden, die Grundlage der Chipproduktion.
Offsetdruck – die Weiterentwicklung
Während die klassische Lithografie mit dem Stein direkt druckt, entwickelte sich Ende des 19. Jahrhunderts der Offsetdruck als effizientere Variante. Das Prinzip bleibt gleich: Fett und Wasser stoßen sich ab, allerdings wird hierbei die Druckfarbe zunächst auf eine Gummituchwalze und erst von dort aufs Papier übertragen.
Vorteile gegenüber dem klassischen Steindruck:
- höhere Druckgeschwindigkeit
- gleichmäßige Qualität auch bei großen Auflagen
- flexible Verwendung verschiedener Papiere und Papierformate
Damit wurde der Offsetdruck zum dominierenden Verfahren der modernen Druckindustrie und löste die handwerkliche Lithografie im industriellen Bereich bei Zeitungen, Büchern, Verpackungen und nahezu allen kommerziellen Druckprodukten des 20. und 21. Jahrhunderts fast vollständig ab.
Häufig gestellte Fragen
Bei der Lithografie wird ein Bild mit lipophiler Kreide oder Tusche auf einen Kalkstein gezeichnet. Die nicht gezeichneten Flächen werden hydrophil präpariert, sodass sie keine Druckfarbe aufnehmen. Beim Druck bleibt die Farbe nur an den präparierten, lipophilen Bildstellen haften und wird von dort auf das Papier übertragen.
Druck ist der Oberbegriff für alle Verfahren, bei denen Farbe von einer Form oder Fläche auf ein Trägermaterial übertragen wird.
Lithografie ist ein spezielles Druckverfahren innerhalb des Flachdrucks, das auf dem Prinzip basiert, dass Fett und Wasser sich abstoßen.
Eine originale Lithografie erkennt man an feinen Strukturen und leichten Unregelmäßigkeiten im Druckbild, etwa unterschiedlichen Strichstärken oder leichten Farbnuancen. Oft ist ein Prägedruckrand durch die Presse sichtbar, und viele Künstler signieren oder nummerieren die Drucke. Im Gegensatz zu Reproduktionen wirkt das Druckbild weniger „mechanisch“ und behält den Charakter einer Handzeichnung.
Früher wurde die Lithografie vor allem für Plakate, Illustrationen, Landkarten, Notenblätter und farbige Werbegrafik eingesetzt, da sie detailgetreue und kostengünstige Vervielfältigungen ermöglichte.
Heute wird die Lithografie hauptsächlich in der Kunst eingesetzt, während ihre Weiterentwicklungen, vor allem der Offsetdruck, die industrielle Druckproduktion dominieren.